Morphing Polaroids (release: 24. März 2023)

Mit »Morphing Polaroids« legt die gebürtige Japanerin und seit 2018 in Berlin lebende Saeko Okuchi alias Saeko Killy ihr Debütalbum bei Bureau B vor. In den letzten Jahren konnte sie sich in der Berliner Szene rund um den Club Sameheads einen Namen als DJ und Live-Künstlerin machen. Nachdem 2021 ihre erste EP »嘘みたいな世界で踊れ – Dancing Pikapika« auf dem Osakischen Label Chill Mountain erschien, folgte eine fruchtbare Jamsession während des pandemiebedingten Lockdowns, aus der schließlich die elf Titel umfassende LP »Morphing Polaroids« hervorging. Das Ergebnis ist ein kontemporärer Leftfield-Clubsound, der mühelos Elemente von Dub, Post-Punk und Kraut mit elektronischen Beats vereint.

In Japan fing Saeko Okuchi schon früh an Musik zu machen. Bereits im Alter von vier Jahren übte sie sich am Klavier, mit 16 kamen Versuche an der Gitarre hinzu. Ihre Eltern machten sie mit Jazz und Musik aus Brasilien vertraut. Später weckten Besuche von Techno-Partys in Tokio das Interesse für die Sphären elektronischer Tanzmusik. Wichtige Initialzünder waren dabei vor allem DJs, die, dem Mainstream abtrünnig, abseitige Clubmusik spielten. Dadurch lernte Saeko die Musik von Künstler:innen wie Cabaret Voltaire oder Throbbing Gristle kennen, die mit ihrem Industrial-Sound große Inspirationsquellen boten. Motiviert durch diese Impulse wurde Saeko Killy selbst zur DJ. Auf Reisen nach Brasilien spielte sie regelmäßig auf Underground-Partys in São Paulo, organisiert von dem Künstler:innen-Kollektiv VOODOOHOP. Ein Kontext, der Möglichkeiten freieren künstlerischen Ausdrucks aufzeigte und ihren musikalischen wie politischen Horizont erweiterte.

Neben Saeko Killys Tätigkeit als DJ wurden diverse Bandprojekte in Tokio und Berlin zum stimmlichen Experimentierfeld. Eine Lo-Fi-Improvisations-Momentaufnahme ihres krautrockig-post-punkigen Gesangs ist auf der Vax!-EP (2021) des Sameheads auf dem Stück ›Die in Seconds‹ der Gruppe Automattenfall zu hören. Um eigenständig Musik für ihre mal Japanischen, mal Englischen Texte produzieren zu können, begann sie, mit Synthesizern zu experimentieren.

Nach Veröffentlichung der ersten Saeko-Killy-EP fragte der belgische Szene-DJ und Produzent soFa elsewhere für Vocals auf seinem Stück ›The Dream‹ (auf »All My Friends Are Witches«, Planet Trip, 2022) an. Diese musikalische Kollaboration funktionierte so gut, dass er zu einer Improvisations-Session in sein Heimstudio nach Brüssel einlud.

»The whole process was started during the pandemic – I was very depressed at home and soFa pulled me out of Berlin to Brussels. So I can see through the songs, it was also a process to find my own fire again. The fire looked out but was actually still burning silently; looks changing, and morphing, but still there, coming back, again and again.«

Das von Saeko Killy beschriebene Mäandern während des Produktionsprozesses spiegelt sich sowohl im Albumtitel als auch im Text- und Klangbild der gesamten Platte wider. Insbesondere die Lyrics von ›Sun Shower‹ und ›Intimate Flame‹ beschreiben das Wiederaufflammen ihres in der Enge des Lockdowns fast erstickten künstlerischen Elans. Saeko Killy und soFa elsewhere ergänzen sich perfekt: Die Synergie brachte zahlreiche Tunes hervor, aus denen sich sukzessive das vorliegende Album herauskristallisierte. Ihr Zusammenspiel fordert die intuitiv entstehenden Lyrics, fast gerappt, geradezu heraus. Die Stimme wird zum Instrument. »Morphing Polaroids« zieht als psychedelische Dance Musik in den Bann, die ihren Zauber durch eine bestimmte Form der antagonistischen Störung, der Japanischen Avantgarden ähnlich, erst richtig entfaltet.

 

 

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